Galgen Weitersfelden
PositionLand/Region Oberösterreich, Bezirk Freistadt, Gemeinde Weitersfelden
33 N 478435 / 5368532 UTM/WGS84
BeschreibungObjektbeschreibung
Der Galgen besteht aus zwei aus behauenen Steinen gefertigten, fünf Meter hohen Säulen, war bereits verfallen und wurde vom oberösterreichischen Rechtshistoriker Wilhelm Brachmann vor 1970 neu errichtet.1 Der Dehio hingegen datiert das Bauwerk ins 19. Jahrhundert.2 Oben sind die Säulen mit einem Balken verbunden. Der südliche Pfeiler ist mit 1742 bezeichnet.

Historischer Kontext
Gerade an diesem Objekt lassen sich verschiedene, für die frühe Neuzeit typische Konflikte studieren, die hier ineinander verwoben zu Tage traten: konfessionelle Auseinandersetzungen, Auflehnung der Untertanen gegen die Grundherrschaft und das Bestreben letzterer bestehendes Gewohnheitsrecht zu ihren Gunsten zu beseitigen und schließlich Kompetenzstreitigkeiten zwischen verschiedenen Herrschaften um die hohe Gerichtsbarkeit. Nun zum Ablauf: 1567 kaufte der steirischen Ritter Christoph Haim Schloß und Herrschaft Reichenstein sowie die Waldämter Weitersfelden und Stampfegg um 7900 Gulden. Im Unterschied zu seinen vorwiegend evangelischen Untertanen war Haim Katholik. Um sein teures Renaissanceschloß finanzieren zu können, erhöhte er kurzerhand die Robotpflicht und führte zusätzliche Abgaben ein. Diese Maßnahmen erzürnten seine Untertanen und führten schließlich von 1567-1582 zum "Reichensteiner Robotaufstand" unter den Anführern Pastor Kuenringer von Weitersfelden und dem Bauern Gaisrucker. Als Abschreckung ließ Haim 1570 auf dem Hollerbichl innerhalb der Gründe des Robauschhofes das hier besprochene Halsgericht errichten, obwohl er nicht die Blutgerichtsbarkeit besaß und daher gar nicht dazu berechtigt war. Haim ließ auch einige Personen gefangennehmen, in Reichenstein aburteilen und wollte sie hinrichten lassen. Dies führte zu jahrenlangen Streitigkeiten mit dem Landgericht Freistadt, dem die Blutgerichtsbarkeit offiziell zustand. Dessen Pfleger, Joachim Stangl, beschwerte sich beim Kaiser, dieser verurteilte Haim zu einer Strafe von 32 ungarischen Gulden, aber Haim ließ den Galgen trotzdem nicht entfernen. Am 6. Juni 1571 wurde Haim in der Nähe seines Schlosses aus dem Hinterhalt erschossen. Als Täter wurde der erwähnte Gaisrucker verdächtigt, der nach der Tat untergetaucht war.3

Ob auf diesem Galgen jemals eine Hinrichtung stattfand ist nicht vollständig gesichert überliefert4, laut der Volkssage sollen sogar bis zu sieben Gehenkte gleichzeitig am Galgen gebaumelt haben.5 Am 4. Juli 1742 soll beim Galgen ein Wilderer und Mörder, genannt Swabinger Michl, exekutiert worden sein. Swabinger hatte den Revierförster von Freudenthal, der ihm beim Eingriff in fremdes Jagdrecht stellte, ermordet. Da er sich selbst der Justiz auslieferte und echte Reue zeigte, wurde er nach gefälltem Todesurteil zu lebenslänglicher Kerkerhaft begnadigt. Auf eigenen Wunsch des Täters, der mit der Last seiner Tat nicht mehr leben konnte und wollte, wurde das Todesurteil doch, und zwar durch Enthaupten vollstreckt.6 Maria Kammerer vermutet, daß die Jahreszahl 1742 am Pfeiler das Jahr der letzten Hinrichtung, aber nicht am Galgen, sondern mit dem Schwert, angibt. Sie gibt 1571 als Jahr der Erbauung an, Benno Ulm datiert den Galgen in das Jahr 1570.7

Standort und Lage
Das Rechtsdenkmal befand sich im südöstlichen Teil des ehemaligen Landgerichts Harrachstal, hart an der Grenze zum Landgericht Ruttenstein. Der reguläre Landgerichtssitz befand sich in Harrachstal, rund vier Kilometer Luftlinie entfernt.8 Man findet die Säulen am Galgenbühel südwestlich von Weitersfelden (Oberösterreich). Man nimmt in Weitersfelden die Straße Richtung St. Leonhard bei Freistadt und zweigt rechts nach der ersten Kapelle ab.
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1 [Litsc70]
2 [DehioOM; S. 959]
3 [Kollr99; S. 98ff]
4 [Kollr93; S. 55]
5 [Haibö67]
6 [Kollr99; S. 100]
7 [Kamme98], [Ulm71; S. 232]
8 [LGK 5 sowie 1b], hier ist die Richtstätte jedoch nicht verzeichnet.

Literatur: [Litsc70], [Kamme98], [Kollr93], [Kollr99; S. 98ff], [DehioOM; S. 959], [Haibö67]
Bilder/Plan
11.08.200111.08.200111.08.2001Planskizze

© Stefan Lefnaer 14.03.2015